Balladen




Tausend Nächte sass ich gottverlassen
und erlebte immer wieder mich,
bis mein Hoffen, Fürchten Lieben, Hassen
in gespensterhafte Helden wich,
und mir graute selbst vor den Gestalten,
die mit einem Leben ich durchdrang,
das, von ewger Leidenschaft gehalten,
die Erschütterten zu handeln zwang.

Tausend selig - bange Schöpfernächte
feuchteten die Stirn und die Hand,
bis nach immer wilderem Gefechte
ich die Geisterschar in Worte band,
bis mein Herz, das aufgelöst von Tränen,
in den Helden, die es schuf, erstarkt,
bis ich meiner Brust erregtes Sehnen
Eingewiegt - nein: gläsern eingesargt !

Helden schuf ich der Helden Feinde -
und ihr Kampf gab Frieden meiner Brust,
Gott erschuf ich und schuf die Gemeinde -
und ward meiner Frömmigkeit bewusst,
Manner schuf ich und schuf stille Frauen
und erlöste Mann in mir und Weib,
dann mit wunderlichem Selbstvertrauen
gab ich meine Seele jedem Leib.

Aber was aus dieser Brust gesprungen,
sieht mich heute fremd und finster an,
seit ich ihm sein Leben eingesungen,
löste es sich ganz aus meinem Bann,
gleichberechtigt meinem eigenen Leben
ward der Wirklichkeit gewordne Traum,
die befreienden Befreiten schweben
heute an mir vorbei und grüssen kaum.

- B. v. Münchhausen -




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